Für die Shelter Stiftung entstand eine Radierung im quadratischen Format. Auf dem Blatt platziert Morellet ein weiteres vermeintliches Quadrat. Jedoch versetzt dieses die farblose Bildfläche in Unruhe, denn die Druckplatten – so scheint es ihr Abdruck auf dem Papier zu verraten – sind verschoben, so dass die Linien der Radierung sich nicht begegnen. Die strenge Geometrie des Bildträgers wird immerzu durchbrochen, der prüfende Betrachterblick wird unaufhörlich dazu angehalten, die fragmentierten Linien zusammenzusetzen, ohne dass er zu einem Ergebnis kommt. Morellet schafft durch diese visuelle Störung mit wenigen Mitteln ein Werk, das stetig zwischen Harmonie und Unruhe schwebt.
François Morellet (Cholet, Frankreich 1926 – Cholet, Frankreich 2016)
Mit seinem vielseitigen Werk gehört François Morellet zu den bekanntesten und originellsten Vertretern der Konkreten Kunst. 1960 gründete er mit anderen Künstlern die Groupe de Recherche d’Art Visuel und experimentierte, auch auf ironische Weise, mit verschiedenen Medien wie Malerei, (Kinetischer) Skulptur, Lichtkunst und Druckgrafik. Er war mehrfach Teilnehmer der documenta in Kassel (1964, 1968, 1977) und der Biennale in Venedig (1970, 1986, 1990). Neben Werken in Museen wie der Neuen Nationalgalerie in Berlin und dem Centre Pompidou in Paris sind viele seiner Werke auch im öffentlichen Raum präsent.
